Canna Virus


gefleckte Blätter und Fehlfarben in Blüten, nicht immer ein Zuchterfolg.

 

Blattirritationen schrieb man eher einer stressbedingten Situation, wie sie beim Transport oder bei klimatischen Problemen entstehen, zu. Doch zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde die Viruserkrankung bei Cannas eine weltweite Epidemie. Innerhalb weniger Jahre verbreiteten sich infizierte Pflanzen weltweit. Wir kennen heute fünf Virenstämme, die auf Cannas nachgewiesen werden können. Sie können einzeln oder in Kombination auftreten. Es handelt sich dabei um CaYSV (Canna yellow streak virus - A. Mumford, 2007), CaYMV (Canna yellow mottle virus - S. Yamashita, 1985), BYMV (bean yellow mosaik virus - Castillo - Yarwood, 1956), CMV (cucumber mosaik virus - Lockhart, 1988) und um TAV (tomato aspermy virus - M. Hollings, 1971). Ob Europa, USA, Australien oder der Naher Osten, die Verbreitung ist weltumspannend. Der Cannareichtum vieler privater Gärten und städtischer Gärtnereien ist infiziert. Viele einzigartige Sammlungen, auch in botanischen Gärten, wurden dezimiert oder mussten zum Teil vollkommen vernichtet werden. Viele alte historische Sorten gingen dadurch verloren.

 

Wie konnte dies so schnell geschehen?


Nach meiner Ansicht waren dafür vor allem die großen kommerziellen Zuchtbetriebe verantwortlich. Besonders in Holland, Frankreich, Israel und den USA wurde viel zu spät auf diese Erkrankung reagiert. Vertriebswege über Gartencenter, Baumärkte und große Einkaufszentren beschleunigten die Verbreitung auch in weitere, bisher nicht infizierte Länder oder Regionen. Das Virus machte sich sozusagen die weltweite Vernetzung zunutze und infizierte auch unsere gesunden Gärten und Bestände, da Einfuhrverbote/ Einfuhrbeschränkungen sich nur auf essbare Pflanzen beziehen.

 

Und heute?


Bis heute gibt es weltweit keine rechtliche Handhabe gegen den Verkauf virusverseuchter Cannas weltweit. Viele kommerzielle Züchter und Gärtnereien produzieren bis heute infizierte Pflanzen und verkaufen sie supergünstig als "Mehrfachpackungen", um den damit verbundenen Preisverfall der Cannas wieder einzuholen. Das bedeutet, dass virenbelastete Cannas ein riesiges Problem sind und bleiben. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass nahezu 98 % der angebotenen Pflanzen in Baumärkten und Gartencentern infiziert sind. 2011 kaufte ich 62 Pflanzen (Rhizome, auch über Onlineanbieter europaweit) wovon 60 Cannas krank waren. 2 Pflanzen sind bis heute ohne Symptome.

Aber es ist nicht nur alles schlecht. Es gibt mittlerweise sehr gewissenhafte Gärtner, die keinen Aufwand scheuen, kranke Pflanzen zu vernichten und mit gesunden Pflanzen vor vorne zu beginnen. Kollegiale Tauschprogramme füllten mit der Zeit wiederdezimierte Sorten auf. Auch dringt die Problematik weiter zu den Hobbygärtnern vor, sodass man mittlerweile wieder Gärten ohne symptombelastete Pflanzen vorfinden kann.

 

Wie kann man erkrankte Pflanzen erkennen?


Die Viren töten die Cannas nicht, aber sie verursachen Schäden und Deformationen auf Blättern und z. T. auch auf Blüten. Im Spätsommer werden die Stellen braun, die Blattränder wellen sich und die Pflanzen sehen wirklich krank aus. Doch bei aller Panik ist nicht jede farblich veränderte Stelle eines Blattes ein Hinweis auf eine Infektion, schließlich gibt es ja auch noch die panaschierten Varianten und Cannas.

 

Deshalb hier Erkennungsmerkmale


Erste Symptome sind einfach auszumachen. Wonach Sie suchen sollten sind gelbe/blass grüne Streifen oder Schlieren. (welche für die Namensgebung verantwortlich sind, denn streak = Streifen)

 

Virus CaYSV Erkrankung Virusinfektion Canna x generalis Lucifer gesundes Blatt der Canna ohne Virus


(Hier links ein neues Blatt der Canna x generalis Lucifer, gekauft im Gartencenter als teures Einzelrhizom, ungetopft, Herkunftsland Holland, deutlich bereits beim ersten Blatt die streifigen Flecken und "Pigmentstörungen" zu erkennen, rechts ein gesundes Blatt)

 

Diese verlaufen entlang der Blattvenen. Sie sind ca. 3 mm breit und an den Enden spitz zulaufend. Manchmal ist der Streifen in der Mitte unterbrochen. Dazu ist das Blatt oft auch gesprenkelt. Die sicherste Kontrolle der Symptome sollte bei dem ersten und zweiten Blatt erfolgen. Das erste Blatt kann nach dem Entrollen durchaus Deformationen oder Unregelmäßigkeiten aufzeigen - Grund dafür kann Stress oder unachtsame Beschädigung des Sprosses sein, aber wenn das zweite Blatt ebenfalls Symptome aufweist, müssen Sie davon ausgehen, dass die Pflanze infiziert ist. Manchmal scheinen aber auch die ersten Blätter gesund und Symptome zeigen sich erst im Jahresverlauf. Um sicher zu sein, dass es keinen Befall gibt, muss die Pflanze durch das ganze Jahr hinweg gesund und vital aussehen. Wichtig! Virusinfektionen werden durch vegetative Vermehrung, also Rhizomteilung (in Großproduktionsanlagen) weitergegeben. Deshalb sollten Sie ungetopfte Rhizome oder getriebene Pflanzen ausschließlich bei vertrauenswürdigen Händlern oder Kollegen erstehen. Die Weitergabe der Infektion über Samen ist nicht möglich.

Mosaikvirus auf Canna Madame Crozy Canna Edulis, gesundes Blatt ohne Virus, Eigenzucht aus Samen


(Hier links ein krankes Blatt der Canna x generalis 'Madame Crozy', BMV Mosaikvirus der sich zwischen den Blattvenen ausbreitet und das Blattgrün zerstört, rechts ein gesundes Blatt)

Bei Cannas mit bronzefarbenen Blättern wie Canna x generalis 'Australia' ist es leicht, die Erkrankung festzustellen. Die einheitlich gefärbten Blätter bekommen ebenfalls eine gelbe Streifenzeichnung, welche keine Panaschierung darstellt. Manche rotblättrigen Cannas haben von der Blattmitte her einen etwa 10 %igen grünen Farbton. Bei Infektion wird diese Blattmitte immer grüner und verdrängt die roten Farbtöne. Schließlich wird die Blattmitte gelb.

Die Canna x generalis 'Cleopatra' ist etwas schwieriger. Die grünen Blätter weisen breite rotbraune, durchgängige Streifen auf, die eine gezüchtete Panaschierung darstellen. Bei Infektion lösen sich die braunen Streifen auf, sind nicht mehr durchgängig und verschwinden schließlich ganz.

Wirklich panaschierte Blätter wie Canna x generalis 'Pretoria' syn. 'Bengal Tiger' zeigen bei Infektion kein klares farblich abgesetztes Venenbild mehr. Die Zeichnung ist unterbrochen und wirkt sandig bzw. krümelig.

 

Canna Pretori ohne Virusbefall


(Hier links ein gesundes,zweites Blatt der Canna x generalis 'Pretoria', auch das erste Blatt zeigt keine Symtome)

 

Wie überträgt sich die Erkrankung?


Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel und können somit nur in lebenden Zellen anderer Organismen überleben. Sie können nicht selbstständig in fremde Zellen eindringen, sondern benötigen dazu die Hilfe übertragenden Tieren. Übertragen wird die Infektion z. B. durch die geflügelte Blattlaus (Aphis), obwohl diese selten auf Cannas in unseren heimischen Gärten zu sehen ist. Eine Teilung infizierter Rhizome ist keine Übertragung, jedoch eine Vervielfältigung der Krankheit (vielleicht ein weiterer Hinweis auf den sorglosen Umgang diverser Großgärtner). Ferner ist besondere Vorsicht mit Gartengeräten angezeigt. Wenn infizierter Pflanzensaft an die Schnittstelle einer gesunden Canna gelangt, kommt es ebenfalls zu einer Kontamination. Obwohl sich die Infektion nicht sehr schnell durch einen bestehenden Bestand fortsetzt, so ist sie doch absolut unerbittlich, wenn nichts unternommen wird. Es gibt absolut keine Heilung und befallene Pflanzen müssen vernichtet, bestenfalls verbrannt werden. Die Infektion lässt keine Sorte aus und eine Resistenz ist bis heute nicht bekannt. Die gute Nachricht hier lautet: Die Viren werden nicht mit der Erde oder durch Samen übertragen.

 

Kann man die Virusinfektion vermeiden?


Wenn Cannas Symptome zeigen, müssen sie sofort vernichtet werden. Kaufen sie keine Rhizome in Gartencentern oder Baumärkten. Sollten dort Cannas als Topfpflanzen angeboten werden, muss die ganze Lieferung nach Symptomen untersucht werden. Ist nur eine unter hundert auffällig - Finger weg! Cannas nur bei extrem vertrauenwürdigen Händlern oder Kollegen kaufen oder tauschen.

 

Muss man neu beginnen?


Ich denke, wenn man wirklich verantwortungsvoll mit dieser Epidemie umgeht, lautet die Antwort eindeutig ja. Das mag scheußlich klingen, aber es ist der einzige Weg zu einer gesunden Sammlung, die wieder Freude macht. Ich habe schon vor vielen Jahren begonnen, meine Cannas aus Samen zu kreuzen und zu ziehen, ca. 300 jährlich, die aber erst im dritten Jahr verkauft werden, und mir somit wieder einen gesunden Grundstock angelegt.

 

Eigenanzucht aus Samen der Cannas Canna Anzucht aus Samen zum gesunden Aufbau eines virenfreien Bestandes

 

Neuerwerbungen pflanze ich generell auf "Quarantänefelder" und beobachte sie ganzjährig, bevor sie gekreuzt oder vegetativ vermehrt werden. Die Sortenauswahl hat natürlich darunter gelitten, doch die Gesundheit der Pflanzen entschädigt wirklich dafür.

www.die-canna.de

Christian M. Baur